Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Notgeschäftsführung: Gibt es bei Zerwürfnis der Gesellschafter die Möglichkeit der Bestellung eines Notgeschäftsführers?

Jedenfalls dann, wenn keine Publikumsgesellschaft vorliegt, gibt es keine Möglichkeit, für die GbR einen Notgeschäftsführer durch das Handelsregister bestellen zu lassen. § 29 BGB ist auf die GbR weder direkt, noch analog anwendbar, sondern nur auf juristische Personen. Die GbR ist auch zu keinem Zeitpunkt handlungsunfähig. Es gilt gem. § 709 BGB der Grundsatz der Geschäftsführung der Gesellschafter, die zur Geschäftsführung berufen sind, falls der oder die in Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild bestellten Geschäftsführer wegfallen, ihr Amt niederlegen oder ihnen die Geschäftsführung entzogen wird. Die gegenseitige Blockade der Gesellschafter ist in der mangels anderweitiger vertraglicher Regelung vorgesehenen Gesamtgeschäftsführungsbefugnis angelegt. Bei dringendem Handlungsbedarf besteht die Möglichkeit des Einzelnen gem. § 744 II BGB Notmaßnahmen durchzuführen (BGH 23.09.2014, II ZB 4/14).

Haftung Gesellschafter: Einschränkung durch Verletzung der Treuepflicht

Dem von einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts erhobenen Zahlungsbegehren kann der in Anspruch genommene Schuldner ausnahmsweise ein ihm gegen die Gesellschafter zustehenden Schadenersatzanspruch entgegenhalten, wenn die Berufung der Gesellschaft auf ihre Eigenständigkeit gegen Treu und Glauben verstößt. Zwar haftet der Gesellschafter grundsätzlich analog § 128 HGB anteilig für die Darlehensschuld der Gesellschaft und kann nach deren Verurteilung analog § 129 HGB Einwendungen grundsätzlich nicht mehr erheben. Dennoch ist er zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet, wenn ihm die Gesellschafter der GbR zum Schadenersatz verpflichtet sind.

Haftung Gesellschafter: Wie weit reicht die Treuepflicht in der Personengesellschaft, darf der Gesellschafter einer GbR eine weitere GbR gründen, die gegen die ältere GbR bzw. deren Gesellschafter vorgeht?

Die Gesellschafter einer GbR sind ihrer Gesellschaft und einander gegenüber zur Treue verpflichtet, und haben Rücksicht auf die Belange ihrer Mitgesellschafter zu nehmen. Diese Pflicht ist verletzt, wenn Gesellschafter einer GbR eine neue GbR gründen, die eine Forderung gegen die Alt-GbR erwirbt um diese dann gegen die Alt GbR bzw. deren Gesellschafter geltend zu machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Forderung gegen ein unter der Forderungshöhe liegendes Entgelt erworben wurde und die GbR-Neu die Forderung in voller Höhe geltend macht. In einem solchen Fall wird auch der Grundsatz der Trennung von Gesellschaft ( hier GbR-Neu ) und ihren Gesellschaftern durchbrochen, die neue Gesellschaft muss sich vielmehr die Pflichtverletzung ihrer Gesellschafter zurechnen lassen. Die Gründungsgesellschafter der GbR-Neu hätten ihren Mitgesellschaftern der GbR-Alt die Möglichkeit einräumen müssen, sich an der Sanierung der GbR-Alt zu beteiligen (BGH 19.11.2013, II ZR 150/12). Gründet ein Teil der Gesellschafter einer GbR ohne Information und Beteiligungsmöglichkeit der anderen Mitgesellschafter eine weitere Gesellschaft zu dem Zweck, die gegen die zwischen allen bestehende Gesellschaft gerichtete Darlehensforderung gegen Zahlung von ca. 50% des noch offenen Betrages zu kaufen und sie in voller Höhe gegen die Gesellschaft und analog 128 HGB quotal gegen ihre nicht an der Neu-GbR beteiligten Mitgesellschafter geltend zu machen, verstoßen diese Gesellschafter gegen die gesellschafterrechtliche Treuepflicht gegenüber den Mitgesellschaftern. Bei gebotener Information hätten die Altgesellschafter die Möglichkeit erhalten müssen, die Forderung zu dem ermäßigten Betrag abzulösen.  (BGH, 19.11.2013, II ZR 150/12, GWR 2014, 126)

Gesellschaftsvertrag: Bedarf die Änderung des Gesellschaftsvertrages der Einstimmigkeit, inwieweit muss eine Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen?

Ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss ist für die Bestellung eines Dritten (Gesellschaftsfremden) zum Liquidator nur dann erforderlich, wenn der Gesellschaftsvertrag keine vom Grundsatz der Einstimmigkeit abweichende Regelung enthält. Dem Bestimmheitsgrundsatz kommt für die formelle Legitimation eine Mehrheitsentscheidung keine Bedeutung mehr zu. (BGH, 17.09.2013, II ZR 68/11, GWR 2014, 11)